Bildungs(un-)gerechtigkeit:
Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf benachteiligte Kinder und Jugendliche aus?
Online-Vorträge und Diskussion
Donnerstag 28. Januar 2021, 19 – 21 Uhr
Fast 100 Teilnehmende diskutieren über Bildungsgerechtigkeit während der Corona-Krise
Annährend 100 Personen nahmen am 28. Januar an der Onlineveranstaltung zu „Bildungs(un-) gerechtigkeit: Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf benachteiligte Kinder und Jugendliche aus?“ teil. . Die hohe Teilnehmendenzahl zeigt, wie sehr das Thema Eltern, Lehrkräfte und Pädagog:innen zur Zeit bewegt. Die Online-Vortragsveranstaltung im Rahmen der Darmstädter Partnerschaft für Demokratie wurde von der Wissenschaftsstadt Darmstadt in Kooperation mit dem „rotzfrechen Spielmobil der SJD – die Falken“ organisiert.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Alexander Arnold von der Kinder- und Jugendförderung der Wissenschaftsstadt führte Prof. Dr. Julika Bürgin von der Hochschule Darmstadt in das Thema ein. Sie stellte dar, dass starke Ungleichheitsverhältnisse im Bildungssystem generell, auch vor der Corona-Pandemie, bereits bestanden. Dies lasse sich beispielsweise am Vergleich von Schul- und Universitätsabschlüssen von Kindern aus Akadamiker:innen und nicht-Akademiker:innenfamilien zeigen. Die bestehenden Ungleichheitsverhältnisse im Bildungssystem würden durch die Pandemie noch weiter verstärkt, Corona wirke dabei als ein Katalysator, so Julika Bürgin. Zu nennen seien hier z.B. ungleiche Voraussetzungen im Distanzlernen (familiär, technisch, räumlich und psychisch) bei Familien und Schulen. Die Referentin plädierte dafür, sich jedoch nicht nur auf Schule zu fokussieren, sondern auch nicht-schulische Aspekte von Bildung mit in den Blick zu nehmen: Viele Angebote, die als „Freizeitangebote“ wahrgenommen werden, brächen in der Pandemie weg. Gerade hierdurch reduzierten sich die Möglichkeiten für informelle Bildung und den sozialen Kontakt mit Gleichaltrigen, so Bürgin.
Daran anschließend stellte Lea Heyer von der Universität Hildesheim die von ihr mit durchgeführten Studien JuCo1 und JuCo2 vor. Im Rahmen dieser Studien wurden Jugendliche während der Schließung von Schulen über ihre Situation und ihre Gefühle befragt. Auch wenn die Referentin betonte, dass die Studien nicht für alle Jugendlichen repräsentativ seien, gaben die Ergebnisse doch Aufschluss darüber, wie die Situation junger Menschen während der „Lockdowns“ war. Einige Jugendliche gaben an, mit welchen Schwierigkeiten sie im „Homeschooling“ konfrontiert seien. Das Fehlen eines eigenen Zimmers beispielweise erschwere das Lernen. Und selbst wenn die Jugendlichen eigene Zimmer und eigene Geräte hätten, reiche die Internetverbindung mitunter nicht aus, dass Geschwister gleichzeitig im „Homeschooling“ lernten. Insbesondere jene Jugendliche, die am Übergang von Schule zu Beruf oder Studium waren, machten sich überdurchschnittlich Sorgen um ihre Zukunft. Abschließend plädierte Lea Heyer für mehr Beteiligung von jungen Menschen und bessere Möglichkeiten für Nachteilsausgleiche.
Anschließend diskutierten beide Referent:innen mit den Teilnehmenden und beantworteten Fragen. Mehrere Beiträge drehten sich um die Punkte, inwiefern es sich bei den aufgezeigten Problemen um grundsätzliche gesamtgesellschaftliche Probleme der Ungleichheit handele und was konkret geschehen könne, um die Situation von benachteiligten Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Ein Teilnehmer wies z.B. auf die schwierige finanzielle Situation vieler Bildungseinrichtungen hin. Prof. Bürgin erklärte, dass aus ihrer Sicht Bildungsgerechtigkeit nur einhergehend mit gesamtgesellschaftlicher Gerechtigkeit möglich sein und sprach sich in der Diskussion dafür aus, mehr Formate zur Partizipation von Jugendlichen zu schaffen.
Die Darmstädter Demokratiereihe 2020 wird im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ von der Darmstädter Partnerschaft für Demokratie durchgeführt. Im Fokus der Reihe stehen Ursachen und Wirkungen demokratiefeindlicher Tendenzen und die damit verbundenen Herausforderungen für die Kinder- und Jugendarbeit, Bildungseinrichtungen, aber auch für Politik und Gesellschaft in der Wissenschaftsstadt Darmstadt.